Faire Preise für Bäuerinnen, Bauern und Konsumentinnen In der Schweiz

Type de contenu

Documents

Publié le :

16 août 2018

FAIRE PREISE

SOUVERAINETE_ALIMENTAIRE_expo_70x100cm_HD-15

FÜR EIN LEBEN IN WÜRDE

Der aktuelle Milchpreis deckt weder die Kosten für die Produktionsmittel noch den Aufwand der Schweizer Bauernfamilien. Im Schnitt geht nur knapp ein Drittel des Verkaufspreises an die ProduzentInnen, während der Rest in die Kassen der Grossverteiler fliesst. Ernährungssouveränität garantiert den Bäuerinnen und Bauern ein gerechtes Einkommen und die verdiente Wertschätzung.

Faire Preise für Bäuerinnen und Bauern und KonsumentInnen in der Schweiz

Zu teuer! Viel zu teuer! Das hört man immer wieder, wenn man von Schweizer Nahrungsmittelpreisen spricht. Aber stimmt das auch? Und was steckt hinter den scheinbar hohen Preisen?

In der Schweiz sind die Produktionskosten und die gesetzlichen Anforderungen deutlich höher als anderswo. Die Infrastruktur, um einen Liter Milch zu produzieren, ist in der Schweiz teurer und die Hygienekontrollen häufiger und kostspieliger. Nicht zu sprechen von den höheren Löhnen und den Auslagen für TierärztInnen usw.

Fahren wir mit dem Beispiel einer Milchproduzentin fort. Gemäss Vertrag mit dem Abnehmer gelangen zirka 70 Prozent ihrer Milch in den Schweizer Markt, für 55 Rp./Liter. 20 Prozent werden im europäischen Markt abgesetzt, für 42 Rp./Liter. Und für die 10 Prozent, die übrigbleiben, erhält sie nur noch 30 Rp./Liter. Im Durchschnitt macht das 50 Rp./Liter. Die Produktion eines Liters Milch kostet sie aber 1 Franken. Sie überlebt nur dank der Direktzahlungen des Staates und mit Nebenverdiensten oder sie hört auf, was viel zu oft geschieht.

Und im obengenannten Beispiel sind die versteckten Kosten nicht eingerechnet. Kosten, die niemand bezahlt, die sich aber auf unsere Gesundheit, die Umwelt und kommende Generationen übertragen: zu finden beim Transport (CO₂-Emissionen), der Verschwendung der Ressourcen (von Nahrungsmitteln, bei Tieren) und in den sozialen Folgen (Arbeitslosigkeit, finanzielle Unsicherheit usw.).

–  In den letzten 30 Jahren sind die Produktionspreise um 30 Prozent gesenkt worden, während die Verkaufspreise um 15 Prozent stiegen. Für jeden Franken, den wir im Supermarkt ausgeben, gehen ungefähr 20 Rappen an die Bäuerinnen und die Bauern. 80 Rappen hingegen fliessen in die Kassen der Grossverteiler, an die Verarbeitungsindustrie sowie in den oft überflüssigen Transport und die Werbung. Ein landwirtschaftliches Einkommen liegt immer noch 35 Prozent unter jenem von vergleichbaren Berufen in der Schweiz.

– Die Nahrungsmittelpreise in der Schweiz scheinen im internationalen Vergleich hoch zu sein. Tatsächlich aber macht der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel nur 8 bis 15 Prozent des Gesamtbudgets eines Haushalts aus und ist damit einer der niedrigsten weltweit.
Täglich verschwinden in diesem sogenannten Markt im Durchschnitt drei Bauernhöfe und sechs Arbeitsplätze. In den letzten 30 Jahren sind so 30’000 Höfe und 150’000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Laut einer Studie von Agroscope ist die Burnout-Gefahr bei Bauern doppelt so hoch wie in der restlichen Bevölkerung. Auch die Suizidrate ist hoch, genaue Zahlen dazu sind noch ausstehend.

Wenn auf dem Markt für alle Beteiligten die gleiche Wertschätzung gelten würde, könnten die ProduzentInnen bei Menge und Preis mitreden. Gefragt ist ein transparentes System, an dem sich ProduzentInnen, VerarbeiterInnen und (Wieder-)VerkäuferInnen auf Augenhöhe begegnen, damit es gelingt, einen gerechten und fairen Preis auszuhandeln.

Glossar

Produktionsmittel: Unterschiedliche Produkte in der Landwirtschaft, die dem Boden und den Kulturen zugefügt werden und weder vom Hof noch aus seiner Umgebung stammen. Sie kommen in dieser Form nicht im Boden vor und werden beigefügt, um die Erträge zu erhöhen.

Direktzahlungen: An Bedingungen geknüpfte Gelder, die der Staat den Landwirtschaftsbetrieben zahlt. Wer sie erhalten will, muss «gemeinwirtschaftliche Leistungen» nach Artikel 104 der Bundesverfassung erbringen: Namentlich den Unterhalt des Kulturlandes, einen Beitrag zur Versorgungssicherheit, die Förderung der Biodiversität, die Erhaltung einer vielfältigen Landschaft sowie die Anwendung umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen.

Versteckte Kosten: Kosten, die auf die Gesundheit, die Umwelt und auf die künftigen Generationen übertragen werden. D.h. Transport (CO2-Ausstoss), Ressourcenverschwendung (Nahrungsmittel, Tiere), soziale Auswirkungen (Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung).