Lokale Produktion von Bäuerlichem Saatgut im Süden

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16 août 2018

REICH IST,

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WER DAS SAATGUT BESITZT

Saatgut ist das erste Glied in der Lebensmittelkette. Wer das Saatgut besitzt, hat eine enorme Macht: Er kontrolliert die Nahrung der Menschen und der Tiere. Das genetische Erbgut der Pflanzen ist überall auf der Welt in Gefahr, bedroht von einer Handvoll multinationaler Unternehmen einer immer mächtiger werdenden Agroindustrie.

Lokale Produktion von bäuerlichem Saatgut im Süden

Die Agrarindustrie übt grossen Druck auf Bäuerinnen und Bauern in Afrika aus und zwingt ihnen ihr Saatgut auf. Bäuerliches Saatgut ist aber unverzichtbar, weil es sich dem Klimawandel anpasst.

Industrielles Saatgut kommt aus dem Labor und wird oft «hors-sol» gezüchtet bzw. in einer Umgebung, die stark abweicht von dem Ort, wo die Saat schliesslich in den Boden kommt. Das Saatgut ist den spezifischen Konditionen des Bodens oder des Klimas nicht angepasst. Und weil die Pflanzen mehrheitlich homogen und in Monokulturen wachsen, ist schnell das ganze Feld ruiniert, wenn Krankheiten oder Wetterkapriolen auftreten. Bäuerliches Saatgut kann sich dagegen den lokalen Gegebenheiten und dem Klimawandel anpassen. Es ist Saatgut, das seit Generationen von Bäuerinnen und Bauern nach eigenen Kriterien wie z.B. Geschmack oder Essgewohnheiten gezüchtet wurde.

Frauen als Hüterinnen des Saatguts
Je grösser die Biodiversität eines Ökosystems, desto resilienter ist es. Die Anpassung an den Klimawandel gelingt so besser. Es ist an der Zeit, dass vermehrt afrikanische Programme zur Erhaltung von bäuerlichem Saatgut initiiert werden. Als Hüterinnen des Saatguts und des praktischen Wissens werden Frauen eine wichtige Rolle einnehmen.

Die Tradition in Afrika und Lateinamerika besagt, dass bäuerliches Saatgut heilig und nicht in Geld umsetzbar ist. Saatgut wird als ein Lebewesen betrachtet. Niemand hat ein geistiges Eigentumsrecht darauf. Vielmehr wird Saatgut innerhalb der Gemeinschaften und an Bauernmärkten getauscht. Wenn den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern der Austausch von Saatgut verboten wird, weil es nicht industriellen Standards entspricht, führt sie das früher oder später in den Ruin. Und genau das tun multinationale Unternehmen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sie üben Druck auf Regierungen aus, damit diese sogenannte «Monsanto-Gesetze» verabschieden und so das bäuerliche Saatgut kriminalisieren. In Kolumbien wurden 2013-2014 mehrere Tonnen bäuerliches Saatgut durch die Regierung zerstört. Der Widerstand dagegen wurde brutal niedergeschlagen.

Bäuerliches Saatgut um «lokal (zu) essen»
Im Senegal hat die Association sénégalaise des producteurs de semences paysannes beobachtet, dass der Rückgang von bäuerlichem Saatgut zu einem Verlust traditioneller lokaler Gerichte geführt hat. Uniterre unterstützt diese Organisation und bildet Frauen darin aus, wie man lokale, alte Getreidesorten konserviert, vermehrt und verbreitet. Sie werden zudem bei der Verarbeitung von Hirsebrot oder -kuchen unterstützt, die den Konsum lokaler Produkte und die Schaffung neuer Arbeitsplätze ankurbeln.

Glossar

Hors-sol (fr.): Meint, dass Gemüse bzw. Saatgut nicht im Boden sondern in einem Substrat (z.B. Steinwolle und Kokosfasern) angebaut bzw. vermehrt wird. Im biologischen Landbau ist diese Art von Anbau nicht erlaubt.

Monokultur: Methode, bei der im Gegensatz zur Mischkultur nur eine Pflanzenart auf einem Feld angebaut wird, meist auf grossen Flächen. Z.B. Monokultur von Ölpalmen oder Weizen.

Biodiversität: Gesamtheit der Vielfalt der Ökosysteme, der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt.

Ökosystem: Fachbegriff, der einen Lebensraum (Biotop) und die darin vorkommenden Pflanzen, Tiere und Bakterien beschreibt. Z.B. ist ein Wald ein Ökosystem.

Multinationales Unternehmen: Firma, die in mehreren Ländern oder Kontinenten agiert oder angesiedelt ist.

Genetisches Erbgut: Gesamtheit der Erbanlagen. In der Praxis häufig als Synonym für Biodiversität verwendet, um die Gesamtheit aller Arten eines Ökosystems zu bezeichnen.